Fri. 15 January. 2021 // 05:51
Thierry Zaboitzeff is a pioneer of electro-rock.
We visited the Frenchman near Hallein.
A portrait of the exceptional musician.
Un film de Harald Friedl autour de la création du projet MISSA FURIOSA
Photos : Jerzy Palacz
Texte : Harald Friedl / Thierry Zaboitzeff
Traduction : Jeff High
Voice : Dennis Kozeluh
Production : haraldfriedl.com (2008)
(Text Stefan Geszti Fotografien Nikolaus Similache) Sommer 2002
Seit einigen Jahren lebt Thierry Zaboitzeff, wenn er nicht gerade beruflich unterwegs ist, in Hallein. In einem dortigen Künstlerzentrum ist sein Studio eingerichtet, mit jenen Instrumenten, die für seine Arbeit wesentlich sind. Da ist im Zen-trum des Geschehens der Computer, ein Macintosh G3 mit den entsprechenden Programmen. Dazu einige Sequenzer, das legendäre Yamaha DX-7, ein Kurzweil-Keyboard (mit dem Great-Piano-Sound gesampelt von Steinway), Bassgitarre, Gitarre und Cello; dazu verschiedene Effektgeräte. Neben einigen Aschenbechern und Sesseln finden sich, hier außerdem das Mischpult, die Yamaha-Studioboxen (welche wegen ihres neutralen Sounds bis heute unverzichtbar sind) und einige größere Standboxen, die man halt hat, wenn Laien auf Besuch sind — dann demonstriert man damit, dass es auch laut und basslastig hergehen kann, um ein modernes Klangklischee zu erfüllen.
Der Fotograf und ich haben einige Jahre in einer Band gespielt. Wir fühlen uns hier sofort zuhause.
Ich war in einer Gruppe von Freunden, die alle sehr neugierig waren, und wir haben mit einfachen Bändern und Kassetten das Aufnehmen und Einspielen von Geräuschen begonnen.“ Achtung: Man darf nicht vergessen, dass es anno 1971 weder Computer noch Keyboards gab, nur Hammondorgel und Ähnliches. Die Aufnahmemöglichkeit beschränkte sich beim so genannten Home Recording auf die Stereo-Revox — andererseits hatten aber die Beatles oder die Rolling Stones damals auch noch keine imposanteren Gerätschaften als Vierspurmaschinen.
Zaboitzeff: „Trotzdem haben wir mit Maschinen gearbeitet, soweit es sie halt gab.“ Und er erregte Aufmerksamkeit: „Ich habe Archaisehe & Ssunthetische Elemente Missa Furiosa heißt das jüngste Werk des französischen Komponisten Thierry Zaboitzeff. Eine Messe nach der lateinischen Liturgie, dieAm Anfang stand der Rock ’n’ Roll.
Zaboitzeff ist wie viele - in diese Welt eingetaucht, hat sie allerdings im Gegensatz zu uns nie wieder verlassen.
„Ich begann wie so viele in einer Rockband. Doch gleich von Beginn an hatte ich das Bedürfnis, mit den Instrumenten etwas anderes zu machen, als sie nur in der vorgesehenen Weise zu verwenden. Standard-musik zu machen ist mir, von einem kompositorischen Antrieb aus gesehen, intellektuell zu wenig gewesen.
Zwischen sakralem und Techno Sound ein weites Feld spannender musikalischer Aspekte bietet.
bald eine Aufnahme für ein französisches Label gemacht, gemeinsam mit einem anderen Komponisten kollegen. Da habe ich also ein wenig unbeholfen mein erstes Stück komponiert und stand gleich vor einem großen Problem: In meinem Kopf habe ich ein Cello gehört, kannte aber niemanden, der eins hatte oder spielen konnte. Also habe ich mir eins gekauft und zu üben begonnen.“ Was, wie Zaboitzeff zugibt, „für mich und alle, die es zu hören bekamen, am Anfang ein Horror war“. Er war und ist im Übrigen in allen musikalischen Bereichen.ein Autodidakt. Am Cello, später auf der Bassgitarre, der Gitarre und an den Tasten. „Ich habe sehr gelitten !“, gesteht der Komponist diesbezüglich.
Wie entwickelt sich nun ein neues Werk, wie entsteht eine Komposition ?
„Da gibt es verschiedene Situationen“, meint Zaboitzeff. „Einmal gibt es ein sehr pures Herangehen: Ich mache die Vorhänge zu, spiele Harmonien auf dem Klavier oder auch auf dem Cello, entwickle, was da kommt. Oder ich entwickle auf dem Bass eine Grundlage eher rhythmisch. Wenn diese erste Phase abgeschlossen ist, wird es aufgenommen, das heißt, ich spiele es in den Computer. Dann beginne ich es zu arrangieren, auszuarbeiten, was die viel größere Arbeit ist. Die andere Möglichkeit ist, dass ich am Computer beginne - da gehe ich von einem Groove, Rhythmussektionen oder auch Akkorden aus. Woher die Inspiration kommt, hängt von anderen Faktoren ab. Entweder für wen ich komponiere oder ob es ein Auftrag ist oder frei. Missa Furiosa ist kein Auftrag gewesen.“
Uns wie kam es dazu? „Ich habe mich vor ungefähr drei Jahren rallel sind zu jener Zeit Kindheitserinnerungen an religiöse Riten für Elektro-Techno-Atmosphären interessiert. I dazu stark in mein Bewusstsein gerückt. Mein Großvater war Organist in der Kirche. Ich habe ihn oft begleitet und war von dem Zeremoniell sehr begeistert. Zudem kam mein Wunsch, für Stimmen zu schreiben. Aber weder auf Deutsch, Englisch oder Französisch. Ich wollte etwas viel Universelleres machen, wollte aus meinem gesamten musikalischen Background schöpfen. So kam es zur Wahl von Techno in Verbindung mit dem lateinischen Text. Die lateinischen Messtexte sind ja bekannt, gehören einem viel größeren Kollektiv.“
1998 begann er an der Missa zu arbeiten. Bis heute ist es ein Work in Progress, an dem gefeilt und geschliffen wird, nachdem der erste Wurf sehr schnell festgehalten wurde und eine Weile abgelegen ist. „Interessant ist für mich auch, dass es zwischen den anderen kompositorischen Arbeiten, die ich auch erledige, und der Missa immer wieder Interferenzen gibt. Das eine beeinflusst das andere, da und dort nehme ich etwas hinein, was mir sozusagen extern eingefallen ist.“
Ist für Zaboitzeff Tonalität und Atonalität, die Unterscheidung ein Thema? „Ich mache teilweise sehr tonale Dinge, was sich dann während der Arbeit oft mehr und mehr in das Atonale entwickelt, selbst gebe ich mir da keine Vorgaben, erlege mir keine konzeptionellen Beschränkungen auf.“
Prinzipien lehnt der Franzose überhaupt ab. Zaboitzeff verweigert sich Schubladisierungen und lehnt es zum Beispiel ab, einem erfolgreichen Werk, deren er einige hat, ein ähnliches aus Kalkül „nachzuschreiben“. Wie stellt sich für ihn gegenwärtig die Situation eines zeitgenössischen Komponisten dar?
„Ich glaube, die Wichtigkeit für das Publikum ist kaum mehr gegeben.
Leute wie ich, die sehr individuelle Wege gehen, stoßen auf wenig Akzeptanz, weil eben die Schubladisie- rung heute so stark gegeben ist. Wenn man nicht da drinnen ist und daher modisch nicht dazugehört, was ich absolut nicht will, ist es schwer.“ Das klingt allerdings nicht wehmütig, auch nicht trotzig, sondern fast ein bisschen weise. „Ich komme mir manchmal wie ein Kreuzritter vor, der loszieht. Und im Streit ist man dann eher einsam und allein.“
Zaboitzeff verfügt beeindruckendes über ein Curriculum: 22 Alben hat er bisher veröffentlicht. Er nahm mit seinen Werken an der documenta in Kassel, an Festivals in Hong-kong, Lugano, Berlin, Cardiff, Montpellier, Grenoble, Bordeaux, Haarlem, San Sebastian bis zur Eröffnung der Salzburger Festspiele teil. Dazu kommen noch ein reiches Schaffen für das Tanztheater und Kompositionen für zahlreiche internationale Events. Sieht man etwa auf seine Homepage (www.zaboitzeff.org) kommt man zu dem Schluss, dass der „einsame Kreuzritter“ von ausgesprochen bescheidenem Naturell ist. Er stellt sein Licht
nicht nur unter den Scheffel, sondern gibt dann auch noch eine dicke Decke darüber.
Hörbeispiele der Missa Furiosa beweisen jedenfalls, dass Zaboitzeff seinen tiefsten inneren Wunsch, nämlich autark und individuell zu arbeiten, konsequent umsetzt. Man muss Zaboitzeff hören, um ihn zu kennen, alles andere ist ein wahres Versäumnis.
Thierry Zaboitzeff - schon der Name klingt wie spannende Musik. Kein lulliger mainstream-sound, sondern rhythmisch, sperrig, sanft, ethno, rockig, klassisch. Der Franzose mit den russischen Wurzeln ist Mitbegrün-der der legendären Avantgar-de-Formation Art Zoyd und war jahrelang als Komponist und Live-Musiker auf Welt-Tournee. Seit einigen Monaten arbeitet er hart in Salzburg, in einem kleinen, aber feinen Studio in Grödig, mit Blick auf den Friedhof, umgeben von Computern, Tastaturen, Gitarren, Bildschirmen, Celli. Zaboitzeff, 44, ist im Wandel: ineiner neuen Beziehung in Gestalt einer Salzburgerin, in der Musik in der Konzentration nach Neuorientierung.
Salzburg, das sich gerne Musikstadt nennt, hat damit eine feine Facette mehr. Seine Person hält der ruhige Zaboitzeff im Hintergrund, Kunst und Stimme aber haben hier schon kräftig eingeschlagen:
- Komponist und Musiker von Beda Perchts aufregendem „Ein Raum der Stadt". der Inszenierung des Domplatzes anläßlich des Weltkulturerbe-Festes
- Arrangeur beim Porsche MegaEvent am 27.März anläßlich der Eröffnung des neuen Komplexes
- Komponist bei zwei internationalen Produktionen der Salzburger Choreographin Editta Braun, „Heartbeat" (Sommer-Szene 97) und des mit Spannung erwarteten „India" (Premiere Sommer Szene 98), ein Aufeinanderprallen von indischen Trancerhythmen mit Techno-Sounds, von Braun direkt in Südindien erarbeitet.
Das Ziel von Zaboitzeff: die Gründung einer neuen Formation, eines international hoch karätigen Ensembles, das Projekte entwickelt wie den Spagat zwischen den besten Opernarien der Welt und hochwertiger technologischer Musik. Vielleicht ein Thema für seine fünfzehnte CD.
Der jüngste Auftrag weist jedenfalls schon in diese Richtung: Komposition für ein zwölfstündiges Musik-Theater-Spektakel im Frühjahr 1999 in Paris.
Christian Rothe
Crédits videos : RTS TV Salzburg - Harald Friedl | Crédits photos : Bettina Frenzel - Nikolaus Similache - Editta Braun - Wolfgang Kirchner
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